COVID19 Pearls vom 9.4.2020

Prof. Michael Christ, Luzerner Kantonsspital (Kontakt: michael.christ@luks.ch)

Regelmaessig werde ich ab sofort in einem kurzen Text wichtige Publikationen zu COVID19 zusammenfassen. Es sind Themen, die mir ins Auge gefallen sind oder die draengende Fragen meines beruflichen Umfelds betreffen. Meine Auswahl hat keinen Anspruch auf Vollstaendigkeit und soll als persoenliche Anregung zur Diskussion gesehen werden. Auf unterstuetzende Rueckmeldung oder sonstige Vorschlaege freue ich mich sehr.

Schweizer Notfallstationen weisen in der aktuellen Situation deutlich weniger Notfallkonsultationen auf wie in den letzten Monaten. Dieses Thema und die damit verbundenen Konsequenzen fuer Notfallpatienten wurden in einer Pressemitteilung der SGNOR am 4.4.2020 thematisiert (siehe https://www.sgnor.ch/fileadmin/user_upload/200404_SGNOR_CovidV03.docx).

Unveraendert wird von Kollegen in meinem Umfeld ueber die Effektivitaet verschiedener persoenlicher Schutzmassnahmen im Rahmen der COVID19-Patientenversorgung diskutiert. Bei uns am Luzerner Kantonsspital wird standardmaessig eine "Troepfchenisolation" durchgefuehrt (Chirurgische Schutzmaske, Schutzbrille). Sollte es zu Aerosol-bildenden Massnahmen kommen (Intubation, Bronchoskopie etc.), wird eine "Aerosolisolation" praktiziert (FFP2 Maske, Schutzbrille, Schutzmantel, Handschuhe, etc.). Dies bedeutet, dass auch im Schockraum nicht das komplett anwesende Personal ultimativ vermummt ist. Begleitet sind diese Massnahmen von begleitenden Strategien (konsequente Durchfuehrung von Basishygiene, geringe Anzahl von anwesenden Personen im Zimmer/Schockraum, Social Distancing am Arbeitsplatz etc.) Unter diesen Massnahmen kam es bisher zu keiner Ansteckung unseres Personals. Aus meiner Sicht sind aktuelle Publikationen, die die Effektivitaet einer durch einen Patienten getragenen chirurgischen Schutzmaske kritisch hinterfragen, deshalb schwierig einzuordnen (siehe https://annals.org/aim/fullarticle/2764367/effectiveness-surgical-cotton-masks-blocking-sars-cov-2-controlled-comparison). Vielleicht lassen sich die Ergebnisse dieser Publikationen durch die Untersuchungsmethodik erklaeren, die sich letztendlich doch von real-life unterscheidet.

Last but not least wird aktuell landesweit, ja Europa-weit diskutiert, wie die strengen Einschraenkungen der Personenfreizuegigkeit gelockert werden koennten. Auch wenn ich die Details der Mathematik nicht verstehe, so zeigen die Ausfuehrungen von Ferretti et al. in Science, welch hohen Stellenwert ein Contact-Tracing mittels Mobiltelefon-App haben koennte (siehe https://science.sciencemag.org/content/early/2020/03/30/science.abb6936). Dies wird zwischenzeitlich in China und anderen Laendern praktiziert, wird aber in Europa wegen konkreter Bedenken bzgl. der Einhaltung von Standards des Datenschutzes und der Persoenlichkeitsrechte kontrovers diskutiert (empfehlenswert ist ein sehr kritischer Podcast aus Deutschland zu den aktuellen Einschraenkungen der Grundrechte: Angst achtet keine Verhaeltnismaessigkeit: https://podcasts.apple.com/de/podcast/steingarts-morning-briefing-der-podcast/id1428670057?i=1000470223263). In einer Ausfuehrung der Universitaet Melbourne werden modellhaft verschiedenen Szenarien ueber moegliche weitere Wege nach dem aktuellen Lockdown analysiert (https://pursuit.unimelb.edu.au/articles/the-maths-and-ethics-of-minimising-covid-19-deaths).

 

 

Euch allen wuensche ich schoene Osterfeiertage

Herzlich

Euer Michael Christ